Wirtschaftsethnologie (5): Schweine- und Muscheltausch in Papua New Guinea

Das Moka bei den Melpa


Weniger bekannt als das Kula und Potlatch ist das Moka der Melpa im Inneren von Papua New Guinea. Die Melpa leben in einer egalitären Gesellschaft, wo man mittels Erfolg im Moka den Status des Big Man erhalten kann. Big Man halten gesellschaftliche Führungspositionen inne. Diese Position ist jedoch nicht permanent und ist nicht institutionell in einer Hierarchie verankert. Jeder kann Big Man werden. Damit ist ihr Austauschsystem das egalitärste der bisher besprochenen.

Die Melpa leben im Inneren Hochland von Papua New Guinea. Yams, Taro, Süsskartoffeln bauen sie an und jagen Vögel. Ausserdem halten sie eine Menge Schweine. Sie sind grösstenteils Selbstversorger, ihren Ueberschuss bieten sie auf dem Markt an.

Grundprinzip des Moka ist: Man muss mehr geben als man bekommen hat. Damit festigt man sein Ansehen. Im Unterschied zum Potlatch geben Rivalen einander nicht Moka. Sonst würden stabile Hierarchien entstehen wie beim Potlatch. Man gewinnt eher Prestige als einen Rang. Wer Moka macht hat eine Kette von Partnern. Alle sind aufeinander angewiesen. Vor einem grösseren Moka muss er sie mobilisieren und sich auf sie verlassen können.

Nicht alle Mokas dienen persönlichen politischen Ambitionen. Mokas unter Freunden und Bekannten werden veranstaltet, wenn man Unterstützung nötig hat. Man bittet einem Partner um ein Moka, wenn man bestimmte Güter braucht - für sich persönlich, für Investitionen z.B. oder für grössere Mokas. Es gibt Moka-Partnerschaften zwischen ganzen Dörfern - wie beim Kula.

Marshall Sahlins listet folgende Funktionen des Moka auf:

  • Diplomatie, Friedenssicherung
  • Prestige
  • Wettbewerb (Politik, Frauen)
  • Investionen
Was wird getauscht? Es sind hauptsächliche Schweine und Muscheln. Das ist bei allen drei Arten von Moka gleich.

Es gibt Mokas als Wiedergutmachung nach Streitigkeiten und Kriegen zwischen Gruppen. Die Gaben sind sehr hoch, sie müssen den Zorn der Hinterbliebenen der Opfer sänftigen. Die Initiative geht dabei von der Gruppe des Opfers aus mit einem einleitenden Geschenk von Muscheln und Schweinen.

Dann gibt es noch ein Muschel-und ein Schweine-Moka. Man rechnet in Einheiten. Die Anfangsgabe besteht beim Muschelmoka aus mehreren Einheiten von zwei Muscheln und einem Schwein. Die Gegengabe sind Einheiten aus acht oder zehn Muscheln. Beim Schweinemoka fängt man mit einer Gabe von kleinen Schweinen an und gibt dann grosse lebende Schweine und gekochtes Schweinefleisch zurück. Dazu gibt es Reihe von Extra-Gaben: lebende Cassowaries (Vögel), lange Bambusröhren mit Oel, Pedanusfrüchte, Ochsen zum Schlachten, zeremonielle Steinäxte,in neuerer Zeit Fahrräder, Autos, Bier...

In der Melpa-Gesellschaft wird man schon früh in diese Tauschwirtschaft hinein sozialisiert. Man lässt Jungs wie Mädels von Kindesbeinen an Tausch-Partnerschaften aufbauen. Jungs tauschen Essen, Pfeil und Bogen, Murmeln, Geld. Mädels tauschen Perlen, Netztaschen und Schmuck.

Im Mokasystem sind nur Männer aktiv, diese treten nach der Heirat ein. Männer sind auf die Arbeit der Frauen angewiesen, weil diese sich um die Schweinezucht kümmern.

Schweine spielen eine besondere Rolle bei den Melpa. Sie werden hauptsächlich für das Moka gezüchtet und nur zu besonderen Anlässen verspiesen. Ethnologen haben sich in der Vergangenheit immer wieder mit der Rolle der Schweine beschäftigt. Man begann z.B. von einem "Pig complex" zu reden - wie vom "cattle complex" bei den Nuer im Sudan. Davon mehr im nächsten Kapitel.



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Lorenz Khazaleh, Januar 2001, November 2002, Ende Februar 2004.

:MENUE WIRTSCHAFTSETHNOLOGIE:


Teil 1: Einführung

Teil 2: Tauschformen

Teil 3: Kula auf Trobriand

Teil 4: Potlatch bei den Kwiakiutl in NW-Amerika

Teil 5: Moka in Papua Neu-Guinea

Teil 6: Pig and Cattle-Complex bei den Nuern im Sudan

Teil 7: Kapitalismus und Tiv-Oekonomie in Nigeria

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:MEHR IM NETZ ZUM THEMA:

Ongkas Big Moka - kurze Zusammenfassung (Jerome Crowder, University of Houston)

Brustschmuck, der beim Moka getragen wird (Uebersee-Museum Bremen)

Ein Dorf aus dem Hochland (Region der Melpa) stellt sich vor (Seite von Samson Komati Yuimb)

Was Papua New Guinea an Early Agriculture Pioneer? (Once considered a "Neolithic backwater" by archaeologists, Papua New Guinea is emerging as one of the handful of places on Earth where agricultural practices developed independently from other cultures - John Roach, National Geographic News, 23.6. 2003)

Infos über Papua Neu Guinea (LonelyPlanet)

Links zu Papua New Guinea (Centre for Pacific and Asian Studies)