Inuit und die Arktis (8): Pacific-Inuit



Die Pacific Inuit (Koniag, Chugach, Unegkurmiut) unterscheiden sich in vielem von den bisher beschriebenen Inuit weiter östlich. Interessanterweise kommt in Selbstdarstellungen und vielen Beschreibungen das Wort Inuit nicht vor. Stattdessen wird Yupnik benutzt oder in älteren Publikationen ist von Eskimo die Rede. Sie sind weniger gut in der Literatur und im Internet repräsentiert.

Sprachlich bilden die Pacific Inuit eine eigene Gruppe, das Pacific Yupnik. Sie wohnen an der Küste, die selbst im Winter eisfrei bleibt. Die See ist das ganze Jahr über sturmgepeitscht. Die klimatischen Unterschiede zu der weniger milden nördlichen Westküste ist immens.

Die Pacific Inuit sind für ihre Kayaks und ihren Walfang bekannt. Wale waren begehrt wegen ihres Fettes, Fleisches und besonders wegen des Oels vom Fett (Tran).

Erstaunlicherweise gehen Wale schon an kleinen Wunden relativ schnell zugrunde. In ihren Kayaks gab es Plätze für zwei oder drei Leute (sonst nur für eine Person), das sie besonders für die Seeotterjagd benutzten. Es gibt zwar auf dem Land Tiere wie Füchse, Braunbären und Flussotter, diese waren jedoch nicht von grosser Bedeutung.

Auch sie hatten unterschiedliche Sommer- und Winterwohnsitze. Letztere war der Hauptwohnsitz, im Sommer zog man zu den Lachsflüssen. Der Jahreszyklus war jedoch nicht so ausgeprägt wie in der Hocharktis. Wale, Seeotter und Seehund können das ganze Jahr über auftreten.

Augrund des subarktischen KlimasĀ  waren Iglus nicht verbreitet. Die Pacific Inuit lebten meist in Holzhäusern, die Platz für bis zu 20 Personen hatten und waren halb unteridisch und stroh-, grasbedeckt. In manchen Orten gab es Männerhäuser, wo öffentliche Versammlungen stattfanden und Zeremonien und Tänze im Winter, auch im Zusammenhang mit dem Walfang.

Anders als die Inuit im Osten, hatten die Inuit im Westen hierarchischere Strukturen entwickelt. Es gab Häuptlinge, Führungspositionen wurden vererbt! Es ist gar von "noble classes" die Rede und Sklaven sollen gehalten worden sein ( das waren meist Kriegsgefangene aus Kämpfen mit benachbarten Inuitgruppen).

Die gesellschaftliche Schichtung lässt sich auf zwei Gründe zurück führen - auf (1) den Walfang, (2) frühe Industrialisierung. In den Walfanggemeinschaften hatten sich Abhängigkeiten und soziale Unterschiede heraus gebildet zwischen dem Bootsbesitzer und der Mehrzahl, die kein Boot hatte. Die Idee des Privatbesitzes war ausgeprägter, es gab auch ein Potlatch-ähnliches System von Besitzanhäufung und Zerstörung.

Es war Vitus Bering, der Entdecker von Alaska, der als erster Europäer mit den Pacific Inuit anno 1741 in Kontakt trat - oder es zumindest versucht hatte. Denn die Inuit rannten, als sie ihn erblickten, gleich davon. Der erste Handelsposten ist von den Russen 1784 errichtet worden, weitere folgten.

Donald Clark schreibt vom nicht gerade freundlichen Umgang mit den Inuit, die sich erst den Russen widersetzt hatten. Inuit wurden gezwungen, für die Companies zu arbeiten - unter Androhung der Geiselnahme ihrer Kinder. Die Russen richten Seeotter-Jagdbrigaden ein, Vogeljagd, Fuchsjagd etc. In den folgenden Jahren nahm die Bevölkerung rapide ab: Von etwa 9000 Inuit anno 1784 auf 6000 im Jahr 1800, bald 5000 und nach einer Epediemie (mehr) gab es Mitte des 19. Jahrhundert nur noch 3000 Inuit. 1880 wurde ihr Gebiet Teil von den USA. Um diese Zeit entwickelte sich die kommerziellen Fischerei und Konservenfabrik-Industrie, in der heute noch viele Inuit arbeiten. Die Konservenfabriken verarbeiten hauptsächlich Lachs.

Nancy Y. Davis spricht von zwei jüngeren wichtigen Ereignissen: Das grosse Erdbeben in Alaska 1964, was viele Inuit zwang, ihr Gebiet zu verlassen und neu wieder auf zu bauen und die Verabschiedung des Alaska Native Claims Settlement Act 1971. Historisch war der Einfluss der russischen orthodoxen Kirche von Bedeutung, die immer noch Gottesdienste veranstaltet - bis in die 1960er-Jahre in Russisch!

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Lorenz Khazaleh, Januar 2001, aktualisiert Januar 2003


:INHALT INUIT UND DIE ARKTIS:

Teil 1: Wer sind die Inuit - ein Überblick

Teil 2: Inuit in Grönland und Polar Eskimo

Teil 3: Inuit in Kanada und Central Eskimo

Teil 4: Schutz gegen Kälte: Kleidung und Iglus

Teil 5: Transport: Hundeschlitten und Kayak

Teil 6: Wirtschaft: Atemlochjagd, Karibujagd, Jagd mit Kayak

Teil 7: Gesellschaftsordnung und Schamanismus

Teil 8: Inuit am Pazifik

Teil 9: Inuit in Asien






:MEHR DAZU IM NETZ:

The Inupiat Eskimo of Arctic Alaska (arcticcircle.uconn.edu)

The Alutiiq in Kodiak, Alaska (alutiiqmuseum.com)

Seite über die Iguvialuit in der West-Arktis

Geschichte Alaskas (alaska-info.de)

The Inuit Case of Whaling (BBC, 24.5.02)

Arctic Whaling (whalingmuseum.org)

Indigenous Peoples of Alaska - Links (explorenorth.com)


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